„Miss Potter
Alles beginnt damit, dass man Ms. Potter (gespielt von einer überzeugenden, wie wunderbar ungewohnten Renée Zellweger
Beatrix Potter stammt aus einer wohlhabenden Familie. Ihr Vater wäre gerne Maler geworden, aber seine Familie war damit nicht einverstanden und deshalb studierte er Jura und verdiente als Rechtsanwalt ein schönes Vermögen, dass es der Familie sogar erlaubte einen ansehnlichen Sommerbesitz im Lake District
Beatrix hat auch einen Bruder, der mit der Tochter eines Weinhändlers durchgebrannt ist, als er alt genug war, und somit blieb Beatrix alleine mit ihren Eltern im Wohnsitz in London zurück.
Als sie ihr achtzehntes Lebensjahr erreichte wurden ihr einige geeignete Heiratskandidaten aus guter Gesellschaft vorgestellt, aber keiner sagte Beatrix zu und damit besiegelte sie ihr Schicksal des ewigen Fräuleins, das mehr oder weniger nur für den Haushalt zugegen ist.
Beatrix Potter hegte jedoch seit ihrer frühen Kindheit zwei Vorlieben, die ihr für immer ihr Leben versüßen sollten: Geschichten erzählen und ihre Freunde malen.
Da Beatrix aber wohl behütet aufwuchs und außer ihrem Bruder keine Spielkameraden hatte, gewann sie lediglich Haustiere als Freunde, wie Hasen und Mäuse.
In der Sommerresidenz ihrer Eltern erweiterte sich dieser Freundeskreis um Frösche, Gänse und Enten. Ihr Vater erkannte schon früh ihr Talent zum Zeichen, und weil er selber seinen Traum von der Malerei nie ausüben durfte, unterstützte er bis zu einem gewissen Grad Beatrix' Interesse.
Als Beatrix zweiunddreißig Jahre alt wird, genügt ihr das langweilige Leben mit Vater und Mutter nicht mehr und beschließt auf eigene Faust ihre Freunde auf Papier in die Welt hinauszutragen und sie Verlegern vorzustellen.
Schließlich bekommt sie einen Vertrag mit dem Verlagshaus Warne Brothers. Dort soll sich der jüngste Bruder der Inhaber, Norman (gespielt vom herzerfrischenden Ewan McGregor
Norman nimmt diesen Auftrag jedoch trotzdem sehr ernst, und gemeinsam mit Beatrix gelingt es ihm aus „The Tale Of Peter Rabbit
Schnell freundet sich Beatrix auch mit Normans Schwester Milly (dargestellt von der, wie immer, herausragenden Emily Watson
Bald kommt ein Kinderbuch nach dem anderen auf den Markt, und die Geschäfte laufen überaus gut. Trotzdem sieht Beatrix Mutter die Karriere ihrer Tochter als ernstzunehmende Autorin immer noch nur als kindische Zeitverschwendung an.
Während eines Weihnachtsfests überwindet sich schließlich Norman Beatrix einen Heiratsantrag zu machen, da aus dem innigen Geschäftsverhältnis Liebe geworden ist. Bestärkt durch Milly nimmt sie den Antrag an.
Doch Beatrix' Eltern wollen ihr Einverständnis nicht geben, da sie die Heirat mit einem Gewerbetreibenden als nicht standesgemäß erachten. Nach einem heftigen Streit beschließt man, dass Beatrix Norman heiraten dürfe, wenn sie nach drei Monaten Sommerfrische
Norman schenkt Beatrix einen Verlobungsring und verabschiedet sie mit einem ersten Kuss in die Ferien mit ihren Eltern.
Dort trifft sie auch ihre Jugendbekanntschaft William Heelis wieder, den Sohn eines Bauern, der in Manchester Jura studiert hat und nun am Land eine eigene Kanzlei betreibt. Er erzählt ihr, dass die Grundstücke im Lake District nach und nach alle verkauft werden und Gefahr laufen mit Fabriken zugebaut zu werden. Auch die Farm seines Vaters, genannt Hill Top, stehe zum Verkauf und Beatrix hegt den Plan das Landgut vielleicht zu kaufen.
Die Zeit vergeht für Beatrix rasch, denn sie bekommt jeden Tag einen Brief von ihrem Verlobten, bis der Kontakt plötzlich abreißt. Fast eine Woche später erhält sie einen Brief von Milly, die ihr offenbart, dass es Norman gesundheitlich sehr schlecht gehe und an einem schweren Husten leide.
Sofort reist Beatrix ab und fährt mit dem Zug zurück nach London um nach Norman zu sehen. Doch es ist zu spät. Norman ist zwei Tage zuvor verstorben und gleich am nächsten Tag beerdigt worden.
Beatrix ist voller Kummer und bleibt völlig zerstört im Elternhaus in London. Dort versucht sich zu zeichnen, doch nur schwarz-weiße Bilder mit bösen und traurigen Tieren entstehen. Als eine Zeit vergangen ist kommt Milly unangemeldet zu Besuch und versucht sie aus ihrem Tief herauszuholen.
Beatrix denkt an die Hill Top Farm, welche William Heelis ihr zeigte, als sie mit den Eltern am Land war, und sie beschließt sich bei der Bank zu informieren, ob sie sich solch eine große Ausgabe leisten könne. Der Kundenberater verrät ihr, dass sie so viel Geld aus dem Verkauf ihrer Bücher habe, dass sie sich sogar eine Villa, sowie weitere Ländereien kaufen könnte und trotzdem für ihr Leben ausgesorgt hätte. Beatrix ist überwältigt und kann es kaum glauben.
Nachdem sie ihren Eltern mitteilt, dass sie nicht mehr bei ihnen leben möchte, reist sie also in den Lake District und kauft, angeblich völlig überteuert, die alte Heelis Farm, richtet sie ein und lässt die ehemaligen Arbeiter weiterhin das Land bestellen.
Danach lädt sie auch Milly zu sich ein, welche ganz begeistert ist und ihre Liebe zu diesem Landstrich Englands gut nachvollziehen kann.
Beatrix geht es immer besser und am Ende des Films lässt sich auch erahnen, dass zwischen dem Anwalt William Heelis und ihr zarte Liebesbande entstehen.
Die letzte Sequenz ist gleichsam die erste Szene des Films und schließt mit den selben Worten, mit welchen Beatrix Potter ihre Lebensgeschichte einleitete.
Man könnte diese Geschichte als das nehmen, dass sie vorzugeben scheint. Eine Lebensgeschichte einer realen Person, welche als Frau am Anfang des 20. Jahrhunderts um ihr Recht auf die Verwirklichung ihres Traumes kämpft und es schafft allen Widerständen zum Trotz, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Aber aus den Leben längst verstorbener Personen, welche die Welt auf ihre ganz eigene Weise beeinflusst haben, kann man auch immer etwas Lehrreiches ziehen. Im Falle der Beatrix Potter stellen sich dem Zuseher Fragen wie: Wieso vergisst man woher man kommt, wenn es einem plötzlich gut geht? Oder, wieso muss man Entscheidungen immer sofort treffen, anstelle auf eine Alternative zu warten? Wieso vergönnen einem die Personen, die einem am nächsten stehen und vermeintlich verpflichtet sind einen zu lieben, manchmal so wenig?
Warum muss immer etwas Schreckliches passieren, wenn man endlich, nach langer Zeit, wieder so etwas wie Glück gefunden zu haben scheint?
Beatrix Potter ist eine Person, die zwar manche Gegebenheit akzeptierte, aber auch das änderte, wovon sie überzeugt war, dass es gar keinen vor den Kopf stoßen dürfe. Dürfte deswegen, weil kein Mensch das Recht hat, einem anderen etwas zu verbieten, nur weil er selbst nicht stark genug dazu wäre, den selben Weg zu gehen.
Beatrix' Mutter ist sicherlich nicht unglücklich mit ihrem Dasein und liebt auch ihren Mann sehr, aber zu sehen, wie die eigene Tochter sämtliche Heiratskandidaten ausschlägt um sich schlussendlich mit einem Mann zu verloben, den sich ihre Tochter selbst erwählt hat, dazu noch aus einem niedrigeren Stand, lässt sie zur Neiderin werden. Ebenso scheint sie nicht wahr haben zu wollen, dass ihre Tochter ein Talent besitzt, welches von anderen erkannt und begehrt wird. Dieser Umstand ist für sie kaum erträglich. Noch dazu beschert es Beatrix eine Unabhängigkeit, die sie selbst nie erfahren hat und wird.
Ganz merkwürdig ist es, dass gerade der Vater auf der Seite seiner Tochter ist. Er fühlt sich als Mann nicht von den Qualitäten seiner Tochter bedroht, sondern im Gegenteil, empfindet Bewunderung und ist stolz darauf, dass für sein Kind der Traum in Erfüllung gegangen ist, der ihm verwehrt blieb.
Wenn man als Zuseher diese Familienkonstellation reflektiert, müssen wir uns fragen: Missgönnen wir anderen ihren Erfolg, weil wir ihn selber nicht haben, oder können wir uns für andere freuen, die es geschafft haben unseren Traum, welcher für uns selbst unerreichbar ist, Realität werden zu lassen?
Und aus der Sicht von „Miss Potter
Und wenn wir uns von den Meinungen anderer Menschen ins Bockshorn jagen lassen, liegt es nicht viel eher daran, dass diese Bevormundung uns eine Ausrede liefert, warum wir nicht das Leben führen dürfen, welches uns vorschwebt? Sind wir zu feige für uns selbst aufzustehen und das zu tun, was wir für sinnvoll erachten? Und muss das Sinnvolle denn auch immer hochtrabend sein? Groß und anerkannt?
Beatrix Potter heiratete zehn Jahre, nachdem sie die Hill Top Farm gekauft und bewirtschaftet hatte, ihren Anwalt William Heelis. Sie kaufte eine Herde Herdwick-Schafe und fing an diese bedrohte Rasse für die nachkommenden Generationen zu züchten. Sie kaufte außerdem viele
weitere Grundstücke in Lake District, und schrieb kaum mehr, da sie ihre Zeit fast ausschließlich der Landwirtschaft widmete. Man weiß heute, dass Beatrix Potter eine herausragende Erzählerin und Zeichnerin von Kindergeschichten war, aber nicht viele Leute wissen, dass sie dem National Trust 16 km² Land, fünfzehn Farmen und mehrere Cottages vermachte, und Wesentliches dazu beigetragen hat, dass der Lake District heute einer von vierzehn Nationalparks geworden ist.
Für die Leistung als Autorin gab es internationale Anerkennung, für den zweiten Lebensabschnitt von Beatrix Potter interessierte sich kaum ein Mensch. Und dennoch kann man nicht genau sagen, für welche von beiden Betätigungen man „Miss Potter“ mehr danken sollte: Für die Geschichten, welche so viele Kinderherzen bis zum heutigen Tag erfreuen, oder für die Erhaltung der Natur eines Landstrichs Englands, der bis heute sauberes Wasser, grüne Wälder und die Artenvielfalt gewährleistet?
Ich denke, dass dieser Film – mit all den Inspirationen, Fragen über uns selbst und unsere Rolle in der Gesellschaft – auf ganz außergewöhnliche Weise die Persönlichkeit einer bemerkenswerten Frau würdigt, und damit nicht nur für vorzügliche Unterhaltung sorgt, sondern uns auch, fast unbemerkt, eine Reise zu uns selbst und unseren eigenen Träumen beschert.
Story: ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥
Action: - (aus der Bewertung ausgeschlossen)
Humor: ♥ ♥ ♥
Tiefgang: ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥
Darstellung: ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥
Regie: ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ ♥
Bewertung: 7,8 ♥

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